Tapering

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Tapering bedeutet nicht nichts tun

Tapering – Wie ich auf den Punkt in Höchstform bin

 

Oder eben nicht

Per Definition ist Tapering die letzte Trainingsphase vor dem Wettkampf, in der die Trainingsbelastung zurück genommen wird um eine Superkompensation auszulösen. Die Dauer eines Tapering spielt sich in der Regel in einem Zeitraum von ca. 4-14 Tagen ab. Dabei ist das Tapering fast als Disziplin an sich ein zu schätzen. Der Sportler hat hier die Möglichkeit einen immensen Leistungsschub zu erfahren. Anders gesagt: kann die Leistung durch ein richtig gesetztes Tapering positiv beeinflusst werden. Und durch ein schlechtes Tapering im verschlechtern. Beispiele dazu zeige ich im folgenden Text. Daraus folgt zum Beispiel für die Saisonplanung, dass eine Jahresplanung mit dem Tapering für den Wettkamphöhepunkt begonnen werden kann. Neben den körperlichen Einflüssen sollten die psychologischen Faktoren nicht ausser Acht gelassen werden. Mit dem richtigen Timing können Leistungszuwächse von bis zu 5% erzielt werden (Hodge, Sleivert, McKenzie 1996). Ein genauerer Blick darauf lohnt also!

Was passiert beim Tapering?

Durch Tapering werden verschiedene Faktoren beeinflusst. Neary et al. 2003a berichten von einer erhöhten Konzentration im Muskelglykogen, Muskelkraft und Eplosivkraft. Ausserdem einer Erhöhung der VO2max, Ausdauer und maximaler Leistung. All diese Faktoren beeinflussen die Leistung direkt. Das Ziel im Tapering ist, die (positiven) Anpassungen die durch das intensive Training davor erzielt wurden zu erhalten. Gleichzeitig wird dem Körper die Zeit gegeben die negativen Faktoren (Entzündungen, Ermüdung) zu reduzieren. Das bedeutet, das ein gesteuertes Programm in dieser Phase wichtig ist, um am Wettkampf auf dem Leistungshöhepunkt zu sein (Mujika 1998).

Die richtige Strategie

Für das Tapering gibt es verschiedene Strategien. Dabei kann man aber auch schon vorweg nehmen: DIE Strategie, die für jeden funktioniert, gibt es nicht. Aber es gibt einen Leitfaden an dem man sich orientieren kann. Dazu gilt folgendes: Je kürzer die Wettkampfdistanz ist, desto länger ist die Taperingphase. Oder andersherum: Je länger der Wettkampf, umso kürzer. Daneben gibt es die folgenden Faktoren, die einen Einfluss haben:

    • Trainingsfrequenz (wie oft/Woche)

 

    • Trainingsintensität

 

    • Trainingsdauer

 

    • Distanz zum Wettkampf

Dazu kommen noch die Ernährung und die psychologische Komponente. Mit all dem kann der Trainer oder Sportler arbeiten. Und alles hat einen mehr oder weniger grossen Einfluss auf die Leistung.

Tapering hilft beim Start

Tapering bringt Erfolg beim Start

Was ist nun aber der richtige weg? Das Training in der Woche vor dem Wettkampf einfach sein lassen? Das hat in den ersten 2 Tagen sicherlich einen Leistungszuwachs zur Folge. Danach kommt es aber sehr wahrscheinlich zu einem Spannungsabfall. Der Sportler geht unbewusst in einen Pause-Modus und verliert jeglich Spannung, die für einen Wettkampf nötig ist (mentale Komponente).
Nur die Intensität reduzieren? Sehr wahrscheinlich besser, aber ein optimales Ergebnis ist nicht zu erwarten. Hier ist die optimale Regeneration fraglich.
Die Abstimmung ist wichtig und muss für jeden individuell stimmen und angepasst werden.

 

 Einlussfaktoren

Wie beschrieben geht es darum, die Superkompensation vollständig ausschöpfen zu können. Viele Faktoren haben darauf einen Einfluss, individuell unterschiedlich gewichtet. Einige zeige ich im Folgenden.

Gesundheit

Entzündungen, Übertraining, mentaler Stress, usw. reduzieren den Effekt des Tapering enorm. Das heisst, gerade während des Tapering solltet ihr noch mehr auf eure Gesundheit achten. Genügend Schlaf, ausreichende Kalorienzufuhr und eine ausreichende Versorgen mit Vitaminen (z.B. Vitamin D3) sind essentiell für eine gute Erholung.

Trainingsintensität und Trainingsumfang

Wahrscheinlich einer der heikelsten Punkte. Und einer der wichtigsten. Das Training muss lang genug und hart genug sein. Nur so sind physiologische und funktionelle Anpassungen möglich. Zuviel vom Einen oder Anderen und der Superkompensationseffekt verringert sich. Der schwierige Teil besteht also darin, Intensität und Umfang so zu steuern, dass der gewünschte Effekt erzielt wird. Sie müssen dem Trainingsziel, dem Leistungsstand und dem mentalen Leistungsniveau des Sportlers angepasst sein.

Genügend Pause

Fast alle Sportler haben im Kopf: „Leistung verbessert sich durch Training“. Das stimmt, aber nur Teilweise. Richtig ist: „Leistung verbessert sich durch Training und genügend Pause zum richtigen Zeitpunkt“. Meiner Meinung nach einer der wichtigsten Punkte in der Trainingssteuerung. Nichts ist so wichtig wie eine rechtzeitig gesetzte Pause. Und auch das müssen viele lernen. Das loslassen und geniessen der trainingsfreien Zeit.

Wie lange sollte das Tapering dauern?

Ein schwierges Thema. Trainer genauso wie Athleten haben Angst vor zuviel Pause. Nachdem gut gearbeitet wurde, möchten sie die erzielten Leistungszuwächse nicht verlieren. Diese Angst ist zudem nicht ganz unbegründet. Zu langes Tapering kann zu Leistungsverlust führen (Andersen et al. 2005). Wie lange also?
Es gibt Studien die zeigen, dass die Wettkampfleistung nicht beeinträchtigt wird wenn 7-10 nicht trainiert wird. (Houmard et al. 1989; Shepley et al. 1992).
Ein gesunder Sportler vorausgesetzt, hängt die Dauer der Superkompensation unter Anderem von folgenden Faktoren ab:

 

    • Die Art und Dauer der vorherigen Trainings

 

    • Dem Trainingsstand

 

    • Dem Erschöpfungsgrad

 

Anders ausgedrückt, ist die Regenerationsdauer bei einem gut trainierten Sportler kürzer als bei einem schlechter trainierten und gestressten. Ausserdem müssen lange und kurze Trainings unterschieden werden. Ebenso wie die Intensität der Trainings. In der folgenden Grafik wird das dargestellt.

Erlunug für Tapering Regenrationsdauer nach verschiedenen Intensitäten. Aus: Olbrecht, The science of winning, 2000

Die Grafik zeigt, dass die Art und Dauer des Reizes eine Rolle in der Regeneration spielen. Das bedeutet, dass auch die Art des Sports (Ausdauer, Kraft, Technik) eine Rolle in der Planung des Tapering spielt, genauso wie der Wettkampf selbst. Ebenso wie die persönliche Komponente. Ein Sportler fühlt sich vielleicht nicht wohl, wenn er 1 Woche vor dem Wettkampf frei macht. Also gilt es, das Training so zu steuern, dass Belastung, regeneration und das Spannungslevel im Gleichgewicht sind.

Ausdauer vs. Kurzdistanz vs. Kraft

Ist der kommende Wettkampf beispielsweise ein Marathon, können 4-7 Tage Tapering reichen. Längere Pausen führen möglicherweise schon zu Leistungseinbussen (Petibois & Déléris 2003). Möglicherweise. Wieder abhängig vom vorherigen Training. Demgegenüber stehen Kraft – und Sprintwettkämpfe. Hier ist die Dauer des Tapering in der Regel deutlich länger.
Ebenfalls spielt das Alter eine Rolle. Kinder reagieren anders auf gesetzte Reize als Jugendliche, Erwachsene oder Senioren. Und genauso wie sie Kraft und Ausdauer anders Aufbauen, reagieren sie unterschiedlich auf ein Tapering (Tsolakis, Vagenas & Dessypris 2004). Es gibt also nicht DEN Guide für die optimale Dauer. Ich möchte im folgenden Abschnitt aber auf die Unterschiede zwischen Ausdauer, Kraft, Sprint und Mitteldistanz aber näher eingehen.

Tapering im Krafttraining

Studien haben gezeigt, dass Tapering erhebliche Kraftzuwächse ermöglichen kann. Erstens wird der Hebel, mit dem die Kontraktion erfolgt verbessert (Fiederungswinkel der Muskulatur). Zweitens wird die Aktivierung der Motorischen Einheiten verbessert. Dementsprechend eine Verbesserung auf neuronaler Ebene (Shepley et al. 1992). Beide Variablen sind entscheidend für die Maximalkraft.
Nach Gibala et al. (1994) wird für Kraftsportler eine Taperingphase von mindestens 8 Tagen empfohlen. Wird die Taperingphase auf 12 Wochen ausgedehnt, kann das Kraftniveau Mujika zufolge zumindest erhalten bleiben (Mujika 1998).

Tapering im Sprinttraining

Sprintfähigkeit entwicklet sich am Besten durch Sprints mit unterschiedlicher Dauer. Dementsprechend variiert auch die Pausendauer. Wie in der in der Grafik oben gezeigt, sind das Trainings die die Längste Regenerationszeit erfordern. Hierdurch ergibt sich auch die lange Taperingphase, die mit 7-14 Tagen angegeben wird. Darüber hinaus wird eine fast konstante Leistung sogar über 7 Wochen beobachtet (Ross & Leveritt 2001).
Hier möchte ich nochmals darauf hinweisen, dass eine konkrete Aussage zur Dauer schwierig ist. Viele Komponenten beeinflussen die Regeneration, bzw. die Superkompensation. Auch die angegebene Literatur ist mit genauen Angaben zurückhaltend.

Tapering für Mitteldistanz-Läufer

Gut trainierte Mitteldistanz-Läufer haben die grösste Möglichkeit Ihre Leistung zu steigern, wenn das Volumen über 7 Tage reduziert wird, während Intensität erhalten oder sogar leicht gesteigert wird (Shepley et al. 1992). Die Laufzeiten auf 800 m können sogar noch nach 2-3 Wochen mit reduziertem Training gesteigert werden. Dem gegenüber stehen längere Distanzen wie 5000 m, bei denen die Leistung während 2 Wochen allenfalls noch gleich bleibt (Mujika 1998).
Es hat sich gezeigt, dass im beschriebenen Ansatz die VO2max gleich blieb, während die Zeit bis zur Erschöpfung verlängert wurde.

Tapering für Ausdauer Sportler

Tapering hat keinen negativen Einfluss auf die VO2max. Im Gegenteil zeigen einige Studien, dass sie sogar leicht ansteigen kann (Shepley et al. 1992). Generell gilt ein ähnlicher Ansatz wie er für Mitteldistanzler gilt. Allerdings muss genau darauf geachtet werden, dass die Erholung gewährleistet ist. Eventuell kann die Zeit, die für das Tapering benötigt wird sogar reduziert werden, wenn dabei auch die Intensität reduziert wird (Shepley et al. 1992).

Was bleibt?

Tapering ist ein wichtiger Teil des Trainings. Es ermöglicht dem Körper verschiedene Anpassungen auszulösen. Das können zum Beispiel die Erhöhung der VO2max, Ermüdungsresistenz und Steigerung der Kraft sein. Die Ansätze für das Tapering sind unterschiedlich. Beeinflussbare Faktoren sind die Intensität, das Volumen oder die Trainingsfrequenz. Allgemein gesehen, haben wohl die Trainingsintensität und der initiale Trainingsstand den grössten Einfluss auf das Resultat des Tapering (Mujika 1998; Neary et al. 2003a; Shepley et al. 1992).
Für hoch intensive Belastungen scheint ein 1-wöchiges Tapering optimal zu sein für Kraftzuwächse ein 2-wöchiges. Qualität und Quantität, das Individuum und die Sportart, sowie die Belastungszeit sind wichtige Faktoren, die es zu beachten gilt (Neary et al. 2003a).  

 

Literatur

 

 

    • Andersen, L.L., et al. In press (2005). Changes in the human muscle force: Velocity relationship in response to resistance training and subsequent detraining. Journal of Applied Physiology.

 

    • Gibala, M.J., MacDougall, J.D., & Sale, D.G. 1994. The effects of tapering on strength performance in trained athletes. International Journal of Sports Medicine, 15 (8), 492–97.

 

    • Hodge K, Sleivert G, McKenzie A (eds) (1996) Smart Training for Peak Performance–A Complete Sport Training Guide for Athletes. Aukland: Reed, Birkenhead.

 

    • Houmard, J.A., et al. 1989. Effects of reduced training on submaximal and maximal running responses. International Journal of Sports Medicine, 10, (91), 30–33.

 

    • McArdle WD, Katch FI, Katch VL (2001) Exercise Physiology: Energy, Nutrition, and Human Performance, Fifth edition, Chicago: Lippincott Williams and Wilkins.

 

    • Mujika, I. 1998. The influence of training characteristics and tapering on the adaptation in highly trained individuals: A review. International Journal of Sports Medicine, 19, 439–46.

 

    • Neary, J.P., Bhambhani, Y.N., & McKenzie, D.C. 2003a. Effects of different stepwise reduction taper protocols on cycling performance. Canadian Journal of Applied Physiology, 28 (4), 576–87.

 

    • Olbrecht, The science of winning, 2000

 

    • Ross, A., & Leveritt, M. 2001. Long-term metabolic and skeletal muscle adaptations to short-sprint training: Implications for sprint training and tapering. Journal of Sports Medicine, 31(15), 1063–82.

 

    • Petibois, C., & Déléris, G. 2003. Effects of short- and long-term detraining on the metabolic response to endurance exercise. International Journal of Sports Medicine, 24, 320–25.

 

    • Shepley, B., et al. 1992. Physiological effects of tapering in highly trained athletes. Journal of Applied Physiology, 72 (2), 706–11.

 

    • Tsolakis, C.K., Vagenas, G.K., & Dessypris, A.G. 2004. Strength adaptations and hormonal responses to resistance training and detraining in preadolescent males. Journal of Strength and Conditioning Research, 18 (3), 625–29.

 

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